Kirchspiel Breitenstein – Kraupischken

Das Kirchspiel Kraupischken gehört zu den ältesten der evangelischen Kirche in Ostpreußen. Es wurde im Jahre 1554 von Insterburg aus gegründet.
Am 16.XI.1554 erhielt der Hauptmann zu Ragnit den Auftrag, zwei neue Kirchen bauen zu lassen: Die eine zu Scherwinta (Schirwindt) und die andere zu Kraupischken. Beim Kirchenbau zu Kraupischken sollte das Insterburger Amt hilfreiche Arbeit leisten. Wie das Kirchspielverzeichnis von 1590 lehrt, hat die Kirche von Kraupischken auch den nördlichen Teil des Hauptamtes Insterburg zu versorgen. Das neue Kirchspiel grenzt im Süden an den Kreis Schloßberg und im Westen an den Kreis Insterburg. Die Prästationstabellen vom 3.IV.1822 geben als Gesamtfläche unseres Kirchspiels 1529 Hufen, 4 Morgen, 131 Ruten an und rechnen 56 Ortschaften dazu.

Im Jahre 1910 gehören zu diesem Kirchspiel nur 19 Orte:
Kraupischken, Buttkuhnen, Girrehnen, Kneiffen, Krauleidszen, Kraupischkehmen, Moulienen, Perbangen, Plauschinnen, Raudonatschen, Sakalehnen, Abschruten, Kauschen, Neudorf, Plimballen I und II, Sassupönen, Schuppinnen, Suttkehmen; sie nehmen den ganzen Nordosten des Landkreises Tilsit-Ragnit ein und zählen vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges etwa 4000 Einwohner und ca. 900 Haushaltungen, (Grigat, Der Kreis Ragnit, Seite 169 – 171).
Der Name Kraupischken findet sich zuerst in der Urkunde vom 20.XI.1352 als Cropiskin an der Instrut, in der der Hochmeister des Deutschen Ordens, Winrich von Kniprode, über die Aufteilung des östlichen Ordenslandes zwischen seiner Herrschaft und der des Bischofs von Samland spricht. In derselben Urkunde heißt es “bys an den breitenstein”, also ist der Ortsname des Gutes Breitenstein ursprünglich ein Flurname, die Bezeichnung eines erratischen Blockes, deren es damals in dieser Gegend viele gab. Urkunden zur Zeit der Reformation sprechen von Cropisken (1551) und Cropiscken (1595). Eine Flurbeschreibung aus dem Jahre 1719 spricht von dem Königlichen Dorf “Platzdorf”. Nomen est omen. So ist es wohl auch hier.
Aus der kleinen Bauernsiedlung war inzwischen ein wichtiger “Platz” geworden. So deutet man den Namen “Platzdorf”. Im Gemeindeverzeichnis von 1839 heißt der Ort Kraupischken. 1938 wurde er umbenannt, zuerst in Platzdorf, da dieser Name aber nicht volkstümlich war, bald darauf in Breitenstein, dem alten Flurnamen.

Quelle : Matthias Hofer und Christa Palfner : “Das Kirchspiel Kraupischken – Breitenstein im Kreis Tilsit-Ragnit” – Teil 1 -; herausgegeben im Selbstverlag der Stadt Lütjenburg © 1970

Pfarrer im Kirchspiel Kraupischken – Breitenstein

Richard Moderegger, Erich Schinz, Prediger Fritz Siebert
Küster Fritz Pernau

 

Zeittafel
Kraupischken/ Breitenstein/ Uljanowo

  • 1352
    Der Name Kraupischken taucht zum ersten Mal in der Urkunde vom 20. November 1352 als Crospiskin an der Instrut und als Crospiskin bys breitenstein auf, in der es um die Aufteilung des östlichen Ordenslandes zwischen der Herrschaft des Hochmeisters des Deutschen Ritterordens Winrich von Kniprode und des Bischofs von Samland geht.
  • .1551
    übergab Herzog Albrecht dem getreuen Asmus Baumgarten die Sorge für die Wege im Waldgebiet von Kraupischken und übereignete ihm den Krug zu Kraupischken mit Äcker und Wiesen zu kölmischen Rechten.
  • 1554
    An den Hauptmann zu Ragnit erging der Befehl zum Bau einer Kirche in Kraupischken.
    Gründung der Kirchengemeinde Kraupischken als Reformationskirche
  • 10.05.1556
    Fertigstellung von  Kirche, Pfarrhaus und Kirchenschule
  • 1643
     erhielt Kraupischken seinen ersten Amtsschulzen
  • 1719
    Platzdorf oder Kraupischken, ein Königl. Bauerndorf von 28 Huben 7 Morgen, davon 4 Huben 7 Morgen cöllmisch
  • 1719
    Protokoll von in Kraupischken benennt neben der Kirche nur zwei Krüge und das cöllmische Gut
  • 1740
    die 1555 erbaute Kirche brannte ab. Viele Kirchenbücher und Schulakten konnten nicht gerettet werden.
  • 1747
    die neuerbaute Kirche wird als „gut erhalten, innen hell und geräumig“ geschildert.
  • 1772
    neue Pfarrkirche wurde eingeweiht (der Turm wurde später angebaut)
    Die Kirche hatte zwei Glocken
  • 1785
    vermerkt wurde Kraupischken als Kirchdorf mit einer Kirche an der Inster, einem königlichen und einem adligen Krug und 3 “adeliche” Bauernhöfen, insgesamt 15 Feuerstellen, zum Amtsbezirk Moulienen gehörig.
  • 1787
    die Pfarrkirche erhielt eine Orgel von dem Orgelbauer Braweleit; wurde später mehrfach repariert und erweitert
  • 1839
    hat “Kraupischken adliges Dorf zu Breitenstein” 5 Feuerstellen mit 42 evangelischen Christen. Die Sprache der Einwohner ist deutsch und litauisch.
    Das Kirchdorf  Kraupischken hat 7 Feuerstellen mit 38 evangelischen Christen; deren Sprache ist deutsch
  • 1847
     läßt sich der erste Arzt nieder.
  • 10.01.1852
    Das Pfarramt und Präzentorat wurden durch Feuerbrunst vollständig zerstört. Alle Akten wurden ein Raub der Flammen.
  • 1852
    alle abgebrannten Häuser wurden wieder aufgebaut.
  • 1856
    hat das Kirchspiel 6.974 Seelen, darunter 2.623 preußische Litauer. Noch bis zum 1. Weltkrieg wird der Gottesdienst in der Kraupischker Kirche zweisprachig, in deutsch und litauisch gehalten.
  • 1856
    wird die erste feste Chaussee durch Kraupischken gebaut, zugleich bekommt das Dorf einen Telegraphen. In den darauffolgenden Jahren werden die Chausseen nach Gumbinnen, Tilsit und Insterburg ausgebaut.
  • 1859
     wird in Kraupischken der erste Wochenmarkt abgehalten.
  • 1867
    Kirchdorf Kraupischken 20 Wohngebäude, 56 Haushaltungen mit 283 Einwohnern,
    Der adlige Teil erscheint jetzt als Gutsbezirk Breitenstein (Rittergut), der 207 Einwohner zählte,
  • Um 1890
     fährt täglich eine einspännige Postkutsche die 15 km nach Szillen, bringt die Postsachen hin und holt andere ab.
  • 1893
    die Pfarrkirche erhielt einen Turm
  • 1902
     wird mit dem Bau einer Kleinbahn nach Insterburg und Ragnit begonnen.
  • 1905
     ist Kraupischken immer noch ziemlich klein, es hat jetzt 663 Einwohner, hat sich aber dennoch schon zu einem bedeutenden Marktflecken entwickelt.
    Gut Breitenstein: 108 Einwohner
  • 1910
     wird eine Azetylen-Gasanstalt gebaut, das Dorf bekommt Gaslicht.
  • Im Juli 1914
     wird das Kaiser-Wilhelm-Krankenhaus seiner Bestimmung übergeben. Nach dem Krieg wird es wieder geschlossen. Im Gebäude werden Wohnungen eingerichtet.
  • 1914
    wird der „neue” Friedhof an der Straße nach Ragnit angelegt. Im gleichen Jahr nach der Schlacht beim Nachbardorf Kauschen fanden hier 83 deutsche und 8 Russen ihre letzte Ruhe. 1945/1946 werden hier Massengräber ausgehoben. Man begrub darin viele der zurückgekehrten Breitensteiner, die durch Hunger und Seuchen gestorben waren.
  • Vom 23. August bis 15. September 1914
    ist das Dorf von Russen besetzt.
  • 1920
    ist der Mühlenbetrieb „Gebr. Metschulat” fertiggestellt. Die Leistung der Dampfmaschine ist so stark, daß ein Teil Kraupischkens mit elektrischem Strom beliefert wird.
  • 1924
    wird das Dorf durch das Überlandwerk Gumbinnen elektrifiziert.
  • 1926
    bekommt Pfarrer Dr. Dr. Moderegger die zweite Pfarrstelle in Kraupischken.
  • 1930
    übernimmt Dr. Moderegger die erste Pfarrstelle seines Vorgängers Gauer und wird, wie dieser, Superintendent.
  • 1928
    wird das neue vierklassige Schulgebäude eingeweiht. Mitte der dreißiger Jahre erhält die Volksschule als Aufbauzug die Mittelschule.
  • 1930
    bekommt Kraupischken sein Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkieges, entworfen von dem berühmten Bildbauer Professor Stanislaus Cauer aus Königsberg.
  • 1931
    Kraupischken mit Breitenstein, Friedrichswalde, Juckstein, Kraupischken-Kleinbahnhof : 881,7 ha, 64 Wohnhäuser, 219 Haushaltungen, 957 Personen, 932 evangelisch, 14 katholisch, 2 jüdisch.
  • In den 30iger Jahren
    werden die ersten Bahnbusse eingesetzt.
  • 1938
    verliert Kraupischken seinen althergebrachten Namen, wird für ein paar Tage zu Platzdorf, dann zu Breitenstein, benannt nach dem „breiten Stein” (5,30 x 4,30 x 3,25 m).
    Den gleichen Namen bekam das benachbarte Gut schon im 16. Jahrhundert.
    Der gewaltige Stein war Kultstätte der heidnischen Pruzzen. Später soll hierauf Herzog Albrecht bei seinen Bärenjagden im Kraupischker Gebiet getafelt haben. Der Stein ist so groß, daß angeblich eine ganze Schulklasse mit 30 Kindern darauf Platz haben soll.
  • 1939
    hat Breitenstein 1.290 Einwohner. Die größten gewerblichen Unternehmen im Ort sind die Breitensteiner Mühlenwerke und die Molkereigenossenschaft. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl handwerklicher Betriebe, Geschäfte, Hotels und Gastwirtschaften, es gibt Banken, Ärzte, eine Apotheke und eine Drogerie. Breitenstein besitzt eine Volks- und Mittelschule. Einmal in der Woche gibt es einen Wochenmarkt, darüber hinaus einen großen Vieh- und Pferdemarkt. Alles in allem hat Breitenstein das Gesicht einer lebhaften, sauberen, aufstrebenden Kleinstadt.
  • 1944
     im August und im Oktober werden Breitenstein und seine Kirchspieldörfer in den
    Kreis Braunsberg evakuiert.
  • Am 18. Januar 1945
     verlassen die letzten Einwohner Breitenstein.
  • Am 20. Januar 1945
    wird das unzerstörte Breitenstein von Truppen der Sowjetarmee besetzt. Damit ist der Endpunkt der langen deutschen Geschichte von Kraupischken/Breitenstein gekommen.
  • 7. April 1946
    Gem. Erlaß des Obersten Sowjets der UdSSR wurde der Ort in Uljanowo umbenannt
  • 1947
    Aussiedelung aller Deutschen aufgrund des Geheimerlasses Stalins vom 11.Oktober 1947
  • 1953
    Die Pfarrkiche, die alle Kriege heil überstanden hatte, brennt vollständig aus.
    Außenmauern des Kirchenschiffes und der Turm ohne Dach blieben stehen.
  • 1960
    Die seit 1946 bestehende Kolchose in Uljanowo wird Sowchose (Staatsgut)
  • 1976
    wurde das 1930 errichtete Kriegerdenkmal zerstört
  • 1979
    Einweihung einer neuen Schule – Schuldirektor wird Juri Userzow (geboren 1951 in Uljanowo)
  • 1980
    Bau eines großen Kindergartens
  • 1981
    Einweihung des Schulmuseums, welches Schuldirektor Juri Userzow einrichtete.
  • 1989
    Erste briefliche Kontaktaufnahme eines Breitensteiners mit Uljanowo. Am 8.Februar 1989 schickt Uljanowo zum ersten Mal einen Brief an einen ehemaligen Einwohner Breitensteins(Verfasser: Juri Userzow)
  • 1989
    Uljanowo hat jetzt 650 Einwohner. Im Mittelpunkt des Arbeitslebens steht die Sowchose
  • Juni 1990
    Der erste Breitensteiner besucht nach 46 Jahren sein altes Heimatdorf.
    Deprimierende Eindrücke, Uljanowo ist nicht mehr das Kraupischken/Breitenstein, das man in Erinnerung hatte.
  • 1991
    Hilfslieferungen treffen in Uljanowo ein, die von ehemaligen Breitensteinern organisiert wurden
  • 1991
    Aufhebung des Sperrgebietes. Die Kaliningradskaja Oblast wird eine Wirtschaftssonderzone/Freihandelszone.
    Nach Freigabe des Gebietes, besuchen immer mehr Breitensteiner ihren Heimatort.
  • 1995
    Vor der Ruine der Kirche wird nach 51 Jahren wieder ein deutscher Gottesdienst abgehalten. Die feierliche Andacht zelebrierten der deutsche Pfarrer Burkhard Klüppel aus Insterburg und ein russsicher Pope aus Neman. Zugleich wurde die Goldene Konfirmation all derjenigen gefeiert, die damals von Pfarrer Dr. Richard Moderegger eingesegnet wurden.
    Die Feierstunde war zudem die 440-Jahrfeier der Kirche Kraupischken/Breitenstein.
  • Mai 1997
    In der Kirchenruine von Breitenstein hängt wieder ein helles Holzkreuz (1,50 x 2,00 Meter) gespendet von der russischen Tischlereibesitzerin Ludmilla Golwismima. So hat die Kirche verbindende Kraft zwischen ehemaligen und heutigen Einwohnern.
    Das Kreuz wurde im Jahre 2004 erneuert.

Zusammengestellt: © 2011 Dietmar H. Zimmermann
Quellen:
1) Matthias Hofer und Christa Palfner
Das Kirchspiel Kraupischken – Breitenstein im Kreis Tilsit-Ragnit; Teil I
herausgegeben  im Selbstverlag der Stadt Lütjenburg © 1970

2)  Klaus-Dieter Metschulat / Katharina Willemer
1352 bis 2002 – 650 Jahre von Crospisken an der Instrut zu Kaupischken-Breitenstein-
Uljanowo (“Land an der Memel” Nr. 70 Seite 41)

3) Klaus-Dieter Metschulat
Kraupischken – Breitenstein – Uljanowo ein Dorf im Instertal
Sommer 1944 bis 1998 – Eine kleine Dorfchronik

für das EDV-Archiv erstellt und bearbeitet von Dietmar H. Zimmermann
letzte Änderung am 08. Oktober 2011

 

Kirchspiel Breitenstein / Kraupischken Kreis Tilsit-Ragnit Ostpreußen

Zum Kirchspiel gehören folgende Dörfer, Güter und Wohnplätze:

 

  Breitenstein (Kraupischken) –  Pfarr- und Kirchort
 Breitenstein, Gut
 Friedrichswalde, Gut   Kleinkummen (Kl. Kummeln)
 Juckstein   Langenflur (Budeningken)
  Altweiden (Alt Wischteggen)   Langenort ( Werxnupönen)
  Bergental (Schuppinnen)   Marunen (Maruhnen)
 Klein Bergental  Marunen, Gut I (Maruhnen, Gut)
 Schönwiese  Marunen, Gut II (Schackweihen,Gut)
  Birkenstein (Wiswainen)   Meldienen
  Erlenfeld (Krauleidszen)  Siebarten (Sziebarten)
 Barden (Barsden)   Moulinen (Moulienen)
  Falkenort (Sakalehlen)  Karpenfeld, Gut (Karpotschen, Gut)
 Rehlen (Errehlen)   Mühlpfordt (Suttkehmen)
  Freienfelde (Guddaschen)   Neudorf
  Groß Kummen (Gr. Kummeln)   Opeln (Opehlischken)
  Gr. Perbangen / Kl. Perbangen   Paßleiden (Paszleidszen)
  Grüntal (Pautkandszen)   Plaunen (Plauschinnen)
 Weedern, Gut   Radingen (Radischen)
  Grünweiden (Plimballen)  Kleinradingen (Gettschen)
  Güldengrund (Girrehnen)   Rucken
 Meschenhof (Meschken)  Birkenstrauch
  Hasenflur (Spirginnen)   Sassenau (Sassupönen)
  Insterbrück (Pleinlauken, Gut)  Kruden (Skrusden)
 Kersten (Kerstupönen)   Sassenhöhe (Augsgirren)
  Insterhöh (Kraupischkehmen)   Staggen
 Grautschen (Graudszen)   Steinflur (Abschruten)
  Insterweide (Laugallen)   Tilsen (Patilszen)
  Kallenfeld (Gr. Pillkallen)   Tilsental (Buttkuhnen)
  Kasseln (Kaschelen)   Tilsenberg (Tilsewischken)
  Kattenhof (Raudonatschen, Gut)   Wabben (Kl. Wabbeln)
 Insterfelde , Gut  Schwörpeln (Swirbeln)
  Kauschen   Warnen
 Kauschen, Gut   Winterlinden (Gr. Wabbeln)
 Marterningen (Matterningken)   Wittenhöhe (Wittschunen)
 Tutteln   Woringen (Worreningken)

 

Von den 44 Gemeinden und 24 Ortsteilen(Wohnplätze) des Kirchspiels Breitenstein sind 27 Gemeinden und 17 Ortsteile durch Kriegshandlungen 1944/1945 zerstört und nicht wiederaufgebaut worden. Noch in späteren Jahre wurden die restlichen Gebäude abgetragen und die Materialien anderweitig bzw. anderorts verwendet. Die Orte sind von der Erdoberfläche verschwunden. Diese Orte sind mit einem roten Aufzählzeichen ()versehen.

Eingerückt sind die zur Gemeinde zugehörigen Wohnplätze (Gemeindeteile) aufgeführt.

letzte Änderung 14.06.2019