- Kirchenprovinz Ostpreußen mit Sitz in Königsberg
- Kirchenkreis Tilsit-Ragnit (ev.), deckungsgleich mit dem Landkreis
- Diözese Ragnit
- erste Kirche 1735 fertiggestellt als schlichter verputzter Feldsteinbau mit massivem Dach und einer Vorhalle im Westen. Der ursprünglich vorhandene Turm musste Ende des 18. Jahrhunderts abgebrochen werden. An Stelle des Turms wurde am Westgiebel ein über das Dach ragendes Kreuz angebracht.
Für die beiden Kirchenglocken wurde vor dem Portal der Kirche ein hölzerner Glockenstuhl gebaut.
Die große Glocke läutete vor und nach dem Gottesdienst. Sie trug die Aufschrift „Land, Land, höre des Herrn Wort“. Die kleine Glocke, das „Totenglöckchen“, wurde bei Beerdigungen geläutet.
Inneneinrichtung der Kirche: Holzbänke mit Lehnen, schlichter Altar an der Ostseite, eine von Holzsäulen getragene umlaufende Empore, Taufschale aus Messing aus der Salzburger Heimat der Kirchmitglieder. 1858 wurde auf der Westseite der Empore, über dem Eingang, eine kleine Orgel eingebaut, - Lage der Kirche auf einem Anger mitten im Dorf
- Kirchspiel 1741 gegründet, da vorher kein Pfarrer zur Verfügung stand
Zugehörige Gemeinden: Stand 1. Juni 1926
Balandszen /Ballanden (Schulort), Beinigkehmen/Beiningen/Lunino, Blendienen/Karsten, Burkandten/Burental/Andrejowo, Gerskullen/Gerslinden/Gannowka (Schulort), Grauden/Bersarino, Jestwethen/Jesten (Schulort), Kallenenen/Kallenen/Bersarino, Kapotschen/Kappen (Schulort), Karlshof/Jermakowo, Ketturecken/Kettingen, Krauleidehlen/Kraulen, Kleginnen/zu Dreidorf eingemeindet, Kulminnen/Kulmen/Kuibyschewo, Kurstwethen/Kursten, Laskowethen/Lassen, Lengwethen/Hohensalzburg/Lunino (Schulort), Mikslauken/Mixen, Pallmohnen/Burental/Andrejewo (Schulort), Paplapken/zu Perluppken/Tjoploje, Perkunen/zu Sauerwalde (heidnische Kultstätte), Petroschken/Petern/Anissimowo, Pieraggen/Berghang, Reinecken/zu Karlshof, Sallningken/Sallingen/Brjullowo (Schulort), Sauerwalde, Scharken (Schulort), Schernen/Balaschewskoje, Tilzgenehlen Quellgründen/Schdanki, Trumpaten/Patingen, Weedern/Petern/Talniki
(Aus: Helmut Samoleit, s.o., S. 10 f)
Die Lengwether Pfarrer zwischen 1741 und 1944
Johann Christian Lüneburg 1741 – 45
Christoph Hoffmann 1746 – 52
Christian Curländer 1752 – 66
Bernhard Gottlieb Kalau 1766 – 76
Christian Bartholomäus Voß 1777 – 91
Friedrich Ernst Mikisch 1791 – 97
Johann David Rudolph 1797 – 1803
Johann Simon Kanning 1803 – 04
Leopold Wermbter 11805 – 11
Ernst Gottlieb Horn 1811 – 13
David Jonathan Naugardt 1813 – 18
Carl L. Th. Kalau von Hofe 1818 – 24
Johann Schneller 1825 – 32
Casemir Iwan Weber 1832 – 39
Theodor Wilhelm L. Weinreich 1839 – 42
Johann Heinrich Lehmann 1842 – 50
Franz Theodor Schmidt 1851 – 79
Eugen Oskar Theodor Weiß 1850 – 82
Theodor Gustav Struck 1884 – 88
Louis Arno Thiel 1888 – 98
Hermann Otto Max Brunau 1899 – 1906
Wilhelm Krüger 1920 – 30
Ernst Ehlert 1930 – 35
Helmuth Barutzky 1956 – 45
(Aus: Helmut Samoleit, s.o., S. 9f)
Die Geschichte von Hohensalzburg /Lengwethen und seiner Bewohner
Eine genaue Jahreszahl über die Gründung des Ortes bzw. eine erste Erwähnung seiner Entstehung ist nicht bekannt.
Der Ort Lengwethen war ursprünglich ein adliges Dorf mit dem Gut eines Herrn von Callas. Der Name ist litauischen Ursprungs und setzt sich aus den Worten ‚lenke‘ und ‚wete‘ zusammen, was so viel wie ‚Wiesenstätte‘ bedeutet. Die ursprünglichen Einwohner waren Litauer. Lengwethen gehörte zum Domänenamt Gerskullen. Die große Pest in den Jahren 1709-1711 hatte ganze Landstriche veröden lassen. Auch Lengwethen war davon betroffen. Aus historischen Dokumenten geht hervor, dass allein in Ragnit in jenen Jahren 26021 Personen an der Pest starben.
Bereits 1714 wurden erste Kolonisten durch Erlass des Königs Friedrich Wilhelm I. in das Land gerufen. Darunter befanden sich Litauer, Nassauer und Schweizer. Es ist urkundlich nachgewiesen, dass durch das Kolonisationswerk Friedrich Wilhelms I. in den Jahren 1732/33 15508 Emigranten in Ostpreußen eine neue Heimat fanden.
Ein großer Teil waren protestantische ‚Exulanten‘ aus dem österreichischen Erzbistum Salzburg, die wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat ausgewiesen wurden. Das Zentrum ihrer Ansiedlung in Ostpreußen war Gumbinnen. Das Amt Gerskullen, zu dem Lengwethen damals gehörte, nahm 552 Salzburger Emigranten auf. Der Ort Lengwethen wurde als Salzburger Kolonialdorf mit 17 Feuerstellen bezeichnet.
Mit der Ansiedlung der Salzburger veränderte sich die Bevölkerungsstruktur. Der Eingliederungsprozess verlief ohne große Probleme. Typische Salzburger Namen waren u.a. Haller, Kirschner, Gottschalk, Lottermoser, Hirscher…..Mit Genehmigung des Königs wählten die Salzburger aus ihrer Mitte einen ‚Schulzen‘ als Verwaltungsbeamten. In Lengwethen war Sebastian Kornberger der erste Schulze und hatte 31 Landwirte und sechs Dörfer zu inspizieren.
Die sehr frommen und arbeitsamen Einwanderer begannen bereits im Jahre 1735 mit dem Bau einer Kirche. König Friedrich Wilhelm I. hatte ihnen bei ihrer Aufnahme in Aussicht gestellt, dass sie alle Sonntags eine Kirche zum Gottesdienst erreichen können würden.
(Aus: Helmut Samoleit, Hohensalzburg/Lengwethen, Chemnitz, nach 2004, S. 7)
Die Lage des Ortes
Der Ort Hohensalzburg/Lengwethen liegt etwa 10 km nördlich von Breitenstein/Kraupischken auf dem Lengwether Höhenzug am Schnittpunkt der Chausseen von Schillen nach Schloßberg/Pillkallen und von Ragnit nach Breitenstein/Kraupischken.
Von Nord nach Süd zieht sich durch den ehemaligen Kreis Tilsit-Ragnit eine Endmoräne des Baltischen Landrückens, von dem ein Teil der Lengwether Höhenzug ist. Er beginnt am westlichen Juraufer und führt über Obereißeln – Lengwethen – Kraupischken am westlichen Insterufer entlang Richtung Insterburg. Die höchste Erhebung beträgt 70 m und liegt in der Nähe von Grauden, etwa 12 km vom Memelufer entfernt. Der Ort Hohensalzburg hatte eine geschlossene, lang gezogene Ortslage beiderseits der Straße aus Richtung Schillen kommend bis zur Straßenkreuzung Ragnit – Breitensteim/Kraupischken und darüber hinaus an der Straße Richtung Gerskullen/Gerslinden.
Den Dorfkern bildete die Kirche mit dem Anger, beiderseits umgeben von Grundstücken von Bauern und Gewerbetreibenden. Auf dem Anger, einem fest gewalzten Sandplatz, fanden in der Regel die dörflichen Veranstaltungen statt. Am Rand des Angers stand – und steht heute wieder – ein Kriegerdenkmal zu Ehren der im Ersten Weltkrieg Gefallenen. Es ist ein gewaltiger Findling aus der Kiesanlage Pucknen und hat von der Seite gesehen die Gestalt eines alten trauernden Mütterchens. Die Inschrift lautet:
„Unseren gefallenen Helden 1914/18 zum Gedächtnis“
Wie viele andere Orte wurde auch Lengwethen 1938 durch Beschluss der Behörden in Hohensalzburg umbenannt. Der jetzige russische Name ist Lunino.
(Aus: Helmut Samoleit, s.o., S. 8)
Die Salzburger Emigranten und das Kirchspiel Lengwethen Spricht man im Zusammenhang mit Ostpreußen von den Salzburger Emigranten und der Salzburger Kirche, so denkt man zuerst an die Salzburger Kirche in Gumbinnen.
Richtig ist, dass in Gumbinnen eine Salzburger Anstalt (Hospiz) für Kranke und Behinderte gebaut wurde. 1754 wurde eine dazugehörende kleine Kapelle errichtet, welche 1839/40 neu gestaltet wurde. Diese Kirche findet sich in allen Kunst- und Reiseführern von Ostpreußen.
Daneben – unerwähnt in Beschreibungen – gibt es weitere Salzburger Kirchen, u.a. die in Hohensalzburg, die in der einschlägigen Literatur als die erste Salzburger Kirche in Ostpreußen bezeichnet wird.
Die Lengwether Salzburger Emigranten erhielten beim Bau ihrer Kirche besondere Förderung durch König Friedrich Wilhelm I. Nach den Worten des Königs sollte eine neue Kirche auf steinernen Fundamenten, aber sonst mit Fachwerk gebaut und zu einem Preis von 1000 bis höchstens 1500 Talern errichtet werden.
Die Bewohner des Ortes stellten also im Jahr 1735 ihre Kirche fertig. Der Bau war durch den König in das staatliche Bauprogramm aufgenommen worden, und somit war die Fertigstellung gesichert. Es war ein schlichter verputzter Feldsteinbau mit massivem Dach und einer Vorhalle im Westen. Das Innere war mit Holzbänken mit steifen Lehnen ausgestattet. An der Ostseite des Kirchenraumes stand ein schlichter Altar ohne jeden figürlichen Schmuck neben einer Sakristei. Eine umlaufende Empore wurde von Holzsäulen getragen.
Die kleine Orgel aus dem Jahre 1858 befand sich auf der Empore über dem Eingang an der Westseite. Ein ursprünglich vorhandener Turm musste infolge großer Baumängel und Baufälligkeit bereits am Ende des 18. Jahrhunderts abgetragen werden, so dass die Kirche turmlos blieb. Stattdessen zierte ein großes, auf dem Westgiebel angebrachtes, über den Dachfirst ragendes Kreuz die Kirche.
Die beiden Kirchglocken fanden in einem hölzernen Glockenstuhl vor dem Kirchportal Aufnahme, im Volksmund das „Glockenhäuschen“ genannt. Die große Glocke läutete vor und nach dem Gottesdienst; sie trug die Aufschrift „Land, Land, höre des Herrn Wort“. Die kleine Glocke, das „Totenglöckchen“, wurde bei Beerdigungen geläutet.
Besonders stolz war die Kirchengemeinde auf eine Taufschale aus Messing, welche die Salzburger mit in ihre neue Heimat gebracht hatten. Auch weiteres Altargerät stammte aus dem 18. Jahrhundert. Die Lengwether mussten jedoch lange nach der Fertigstellung der Kirche mit dem Gottesdienst warten, es mangelte an Predigern. Sie besuchten den Gottesdienst im benachbarten Budwethen.
Im Jahre 1741 fand sich ein erster Bewerber für die Lengwether Pfarrstelle, Johann Christian Lüneburger, der sofort eingestellt wurde.
Die Einwanderer waren somit endlich in der neuen Heimat verwurzelt. Alle ländlichen Kirchdörfer mussten zweisprachig versorgt werden. Aus Quellen ist zu entnehmen, dass die Salzburger Kolonie ihre Eigenart mit Stolz bewahrte, dass sie dennoch im Laufe von 200 Jahren im preußisch-deutschen Staatsverbund fest verwurzelt war.
Im Amt Ragnit, zu welchem später auch Lengwethen gehörte, fanden nach Quellen von 1734 2002 Salzburger eine neue Heimat. Im Jahre 1741 wurde Lengwethen zum selbständigen Kirchspiel erhoben, da die Pfarrstelle nun ordentlich besetzt war.
Die Verwaltung des Amtes als Prediger und Seelsorger der Parochien wurde durch die Erzpriester (später Superintendenten) der Diözesen beobachtet und während der Visitationen durch die übergeordnete Kirchenbehörde eingehend überprüft. Das kirchliche Leben in den Gemeinden, der Eindruck, den die Pfarrer hinterließen, Vereinswesen und Wohltätigkeit – alles dies fand in ausführlichen Visitationsberichten seinen Niederschlag. Generalsuperintendent Braun berichtete über die 1896 in der Diözese Ragnit durchgeführte Visitation in Lengwethen:
„Pfarrer Thiel, ein jugendlich frischer Mann, ernst und fröhlich zugleich, hat in wenigen Jahren das vollste Vertrauen der Gemeinde gewonnen. Seine Begabung ist gut. Die Predigt war nicht ohne schöne Gedanken, müsste aber fester an den Text gebunden sein und durchsichtiger in der Anlage. Auf dem Gebiete der Inneren Mission, für die er begeistert arbeitet, leistet er Tüchtiges. Der blühende Jünglingsverein zeugte von seinem organisatorischen Geschick und von seiner Treue. Leider ist er unverheiratet und lässt sich von der geliebten Mutter, die ihm den Haushalt führt, gerne verziehen.“
(Aus: Fritz Brix, Tilsit-Ragnit, Stadt und Landkreis, Würzburg 1971, S. 325)
Die wirtschaftliche Struktur Hohensalzburgs:
Hohensalzburg/Lengwethen hatte eine Postagentur, die im Jahre 1850 eingerichtet worden war und die der Oberpostdirektion Gumbinnen unterstand. Durch eine Postbusverbindung von Neusiedel, Schillen und Kraupischken/Breitenstein konnte man Ragnit und Tilsit erreichen. Der Bürgermeister hatte seinen Sitz im Gemeindeamt. In dem Haus hatte auch der Dorfgendarm seine Wohnung. Letzter Bürgermeister des Dorfes war Herr Hennig, und der letzte Dorfgendarm war Herr Kahnwald. Zur Erntezeit war im Haus des Bürgermeisters ein Erntekindergarten untergebracht, denn es wurde jede Hand auf Feldern und Wiesen gebraucht.
Im Ort gab es eine freiwillige Feuerwehr mit eigenem Depot, im Voksmund ‚Spritzenhaus‘ genannt. An dieses Spritzenhaus waren zwei Zellenräume angebaut, über die der Gendarm verfügte. Das ganze Gebäude nannte man daher auch die ‚Kalus‘.
Hohensalzburg verfügte über zwei Gastwirtschaften (‚Krüge‘) mit Kolonialwarenläden:
- Gastwirtschaft mit Ausspanne, Saal und Kolonialwarenladen, Inhaber Benno Kinder, direkt an der Kreuzung Ragnit – Breitenstein gelegen.
- Gasthof Gustav Adomeit, der Dorfkrug, direkt am Anger gelegen, mit Sitzungszimmer und Kolonialwarenladen, wo neben der Heringstonne das Petroleumfass stand.
- Der Kolonialwarenladen, Inhaber Laukat, mit seinem reichhaltigen Angebot an Lebensmitteln und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs, war für das Dorf sehr bedeutsam.
Es gab eine Molkerei, deren Inhaber Otto Waller war. Sie wurde in eine Genossenschaftsmolkerei mit Geschäftsführer (Alexander Widera) umgewandelt. Es war ein moderner Betrieb, in dem auch der Tilsiter Käse hergestellt wurde.
Eine gut gehende Raiffeisen-Genossenschaftskasse wickelte im Ort die Bankgeschäfte ab.
Schließlich gab es das Textilgeschäft Hennig und das Kurzwarengeschäft der Schwestern Reißmann.
Die Handwerksbetriebe in Hohensalzburg
Schneidermeister Schimkat fertigte sehr moderne Kleidung an.
Ein gefragter Betrieb war das Baugeschäft Klunkat, welches im Haus des Bauern Kasper gegenüber dem Anger seinen Sitz hatte.
Als Ofensetzer hatte Töpfermeister Pöck sein Gewerbe im Ort neben einer kleinen Landwirtschaft.
Es gab zwei Schuhmacher im Ort, Laser und Wischnat.
Die Schmiede von Schmiedemeister Emil Schulz war ein wichtiges Gewerbe für den Hufbeschlag und die Reparatur von landwirtschaftlichen Geräten.
Das Fahrradgeschäft von Ernst Schulz versorgte neben der Reparatur und dem Verkauf von auf dem Land notwendigen Zweiradfahrzeugen die Bürger mit Akkubatterien für den ‚Volksempfänger‘. Nicht jede Familie im Ort hatte elektrischen Strom.
Aus der Großmühle Daniel, die ihren Sitz an der Straße nach Gerslinden hatte, erhielt auch der Bäckermeister sein Mehl.
Bäckermeister Paul Boy verkaufte außer Backwaren auch Speiseeis.
Am Ortseingang, direkt an der Straße nach Kraupischken/Breitenstein, hatte Fleischermeister Julius Hensel seine Schlachterei mit Laden.
Auch der Sattlermeister Ferdinand Domnig hatte sein Auskommen, denn die Landwirtschaft wurde vorwiegend mit Pferdegespannen betrieben. Geschirre wurden zur Reparatur gebracht bzw. angefertigt.
Am Ortsausgang Richtung Schillen hatte der Tischlermeister Erich Simoneit seine Werkstatt, während Tischlermeister Fritz Missoweit Haus und Werkstatt im Ort besaß, neben dem Friseur.
Ebenfalls am Ortsausgang Richtung Schillen hatte sich der Pferdehändler Wirbeleit niedergelassen. Geschäfte mit Pferden gab es in der Region häufig. Die gut, auch mit Trakehner Beschälern, besetzte Hengststation des Landgestüts Georgenburg in Lengwethen wurde auch in der weiteren Umgebung in Anspruch genommen. Nicht nur in Trakehnen oder Georgenburg wurden Pferde gezüchtet; in vielen landwirtschaftlichen Betrieben standen Trakehnerstuten in den Ställen, gekennzeichnet mit dem Brandzeichen der doppelten Elchschaufel.
Viehzucht, Ackerbau, Imkerei, Gewerbe und Handwerk waren eine solide Grundlage für den Bestand der Gemeinde Lengwethen/Hohensalzburg.
Das Vereinsleben im Dorf wurde durch den Feuerwehrverein, den Landwirtschaftsverein, den Kleinkaliberschützenverein sowie den kirchlichen Jungmänner- und Jungmädchenverein geprägt. In der Nazizeit veränderte sich das Vereinsleben: Hitlerjugend (HJ), Bund deutscher Mädchen (BdM) und Jungvolk waren tonangebend.
(Aus: Helmut Samoleit, s.o., S. 33 ff)
Johanna Ambrosius
Hohensalzburg/Lengwethen kann sich rühmen, dass dort immerhin eine weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannte Persönlichkeit das Licht der Welt erblickte.
Am 3. August 1854 wurde Johanna Ambrosius als zweites von vierzehn Kindern eines Handwerkers in Lengwethen geboren. Sie wuchs in ärmsten Verhältnissen auf und besuchte bis zu ihrem 11. Lebensjahr die Volksschule in Lengwethen. Von da an half sie ihren Eltern auf dem Feld und im Haus und verdingte sich als Magd und Wirtschafterin auf den Gütern der Umgebung.
Im Jahre 1874 heiratete sie den Bauernsohn Friedrich Wilhelm Voigt und zog mit ihm nach Dirwonuppen im Kreis Tilsit. Das Ehepaar bekam zwei Kinder. 1883 erwarben die Eheleute ein kleines Haus mit Grundstück in Groß Wersmeningken, unweit von Lasdehnen im Kreis Pillkallen.
Nachdem ihr Mann gestorben war, folgte Johanna ihrem Sohn Erich nach Königsberg. Dort starb sie im Jahre 1939 und wurde auf dem Neuen Luisenfriedhof in Königsberg begraben.
Es war Karl Schrattenthal, der Johanna Ambrosius als Volks- und Naturdichterin entdeckte und ihre Gedichte im Dezember 1894 herausgab. Ihr größter Erfolg wurde das 1884 geschriebene Gedicht „Mein Heimatland“, das wie zahlreiche ihrer Gedichte vertont wurde und als ‚Erstes Ostpreußenlied‘ berühmt wurde.
Mein Heimatland
Sie sagen all‘ du bist nicht schön,
Mein trautes Heimatland.
Du trägst nicht stolze Bergeshöh’n,
Nicht rebengrün Gewand;
In deinen Lüften rauscht kein Aar,
Es grüßt kein Palmenbaum,
Doch grenzt der Vorzeit Träne klar
An deiner Küste Saum.
Und gibst dem König auch kein Erz,
Nicht Purpur, Diamant,
Klopft dir doch das treu’ste Herz
Fürs heil’ge Vaterland.
Zum Kampfe lieferst du das Ross,
Wohl Tonnen Goldes wert,
Und Männer, stark zum Schlachtentross,
Die kräft’ge Faust zum Schwert.
Und wenn ich träumend dann durchgeh,
Die düst’re Tannennacht,
Und hoch die mächt’gen Eichen seh
In königlicher Pracht;
Wenn rings erschallt am Memelstrand
Der Nachtigallen Lied,
Und ob dem fernen Dünensand
Die weiße Möwe zieht,
Dann überkommt mich solche Lust,
Dass ich’s nicht sagen kann,
Ich sing ein Lied aus voller Brust,
Schlag froh die Saiten an.
Und trägst du auch nur ein schlicht Gewand
Und keine stolzen Höh’n,
Ostpreußen, hoch mein Heimatland,
Wie bist du wunderschön!
Die kursiv gedruckte Strophe wurde bei fast allen Vorträgen fortgelassen.
„Land der dunklen Wälder“ löste „Mein Heimatland“ in den 30er Jahren als das Ostpreußenlied ab.
(Aus: GenWiki)
Hohensalzburg im und nach dem II. Weltkrieg
Der Einnahme des Ortes durch die Rote Armee kam eine besonders strategische Bedeutung zu: Von hier führten ausgebaute, befestigte Straßen nach Breitenstein, Budwethen und Tilsit. Schillen und Kreuzingen waren ebenfalls gut zu erreichen.
Um den Ort gab es harte Kämpfe, und er wurde in den späten Nachmittagsstunden des Angriffstages von den geschwächten deutschen Verteidigern aufgegeben. Folgende Gebäude waren stark beschädigt oder ausgebrannt: die Mühle Daniel, der Bauernhof Bönkost, die Tischlerei Missoweit, die Tischlerei Simoneit, das Imkergehöft Schulz, Bauer Jagst, das Haus Töpfermeister Pöck, der Pfarrhof und weitere Gebäude.
Erhalten geblieben oder nur teilweise beschädigt waren die Schule, das Kaufhaus Laukat, die Sattlerei Domnig, das Baugeschäft Klunkat mit dem Wohnhaus von Bauer Kasper, die Häuser von Schneidermeister Schimkat und Pferdehändler Wirbeleit, das Gemeinde- und Bürgermeisterhaus, die Molkerei Waller und das Wohnhaus Waller, die Kirche, der Gasthof Benno Kinder sowie das Haus von Fahrradhändler Schulz.
Hohensalzburg wurde nicht, wie nach dem Ersten Weltkrieg, wieder aufgebaut. Die Kirche z.B. wurde zweckentfremdet zunächst als Speicher für landwirtschaftliche Produkte, dann als
Jugendclub benutzt, bis sie eines Tages abbrannte und sich seit einigen Jahren als erbärmlicher Trümmerhaufen präsentiert. Russische Neusiedler haben sich neben dem ursprünglichen Dorf ein neues gebaut, dem sie den Namen Lunino gaben. Als Baumaterial dienten zum großen Teil die Ziegel aus den abgerissenen ehemals deutschen Häusern. Sehr wenige deutsche Häuser stehen noch, meist in bejammernswertem Zustand, wie z.B. das Wohnhaus der Familie Waller.
Man muss leider feststellen, dass Hohensalzburg/Lengwethen aufgehört hat zu existieren, wenn auch das Kriegerdenkmal wieder an seinem alten Platz steht, nachdem es sowjetische Truppen im ehemaligen Pfarrteich versenkt hatten. Der Initiative des ehemaligen Kirchspielvertreters Artur Schilm und der russischen Bürgermeisterin Natalja Marussowa ist es zu verdanken, dass der riesige Findling im Jahre 2000 geborgen und am 2. Juni 2002 im Beisein des Kirchspielvertreters und einiger Hohensalzburger sowie der im Dorf
jetzt ansässigen russischen Bürger wieder auf seinen Sockel gesetzt wurde. Mit finanzieller Hilfe der Kreisgemeinschaft ist er zu einem Schmuckstück des sonst gesichtslos gewordenen Ortes geworden.
(vgl. Helmut Samoleit, s.o., S. 41 f. und S. 22)
Zusammengestellt von Dieter Neukamm im Mai 2021