Kirchspiel Rautenberg

  • Kirchenprovinz Ostpreußen mit Sitz in Königsberg
  • Kirchenkreis Tilsit-Ragnit (ev.),  deckungsgleich mit dem Landkreis
  • Diözese Ragnit
  • Gründung des Kirchspiels 1853
  • erste Kirche im Jahre 1853 auf dem Gut Friedrichswalde
  • Kirche 1860 auf den Grundmauern eines zum Gut Groß Skaisgirren gehörigen Pferdestalles errichtet
  • Name der Kirche:
  • Lage: zentral im Ort, an der Einmündung der Straße von Haselberg in die Straße Hohensalsburg – Kussen.
  • Pfarrer Walter Noetzel, Prediger Kurt Becker
  • Glöckner Friedrich Poplat

Zugehörige Orte 1938:

Balzershöfen, Birkenfelde, Kamanten, Kleehausen, Kuttenhof, Moritzfelde, Windungen, ……..

 

Das Gut Kamanten

In all den Jahren, in denen ich für das Kirchspiel tätig bin, wurde ich immer wieder einmal in Telefonaten oder Briefen nach dem Gut Kamanten – den Menschen, die dort einst lebten und und wirkten, gefragt ;und da ich bei der Flucht erst acht Jahre alt war, konnte ich keine Auskünfte geben, nur diese, dass meine Großtante Marie Balschu weit dort  engagierte Wirtschafterin – oder Mammsell , wie man sagte – war. Nun hilfst mir Edda Pinkert, die einen direkten Draht hat zu Kamanten, sie ist die Enkelin von Maria Hohler, der letzten Besitzerin dieses Gutes im Kirchspiel Rautenberg. Was besonders erfreulich ist, die kleine Edda verlebte dort wunderschöne Kindertage, an die sie sich gerne erinnert. Ich zitiere hier aus einem Brief an mich:
„Vielen Dank für Ihre Post. Ich habe mich gleich in das Fotoalbum gestürzt und die Bilder gesucht und neue Kopien anfertigen lassen. Ja, ich hatte in Kamanten und Rautenberg, sowie auch in Altenkirch (die Heimat ihres Vaters Walter Heer, in Rautenberg als Zahnarzt tätig eine schöne Zeit, leider viel zu kurz, um noch mehr in meinem Kopf zu speichern. Die Christel Siegel habe ich noch angerufen, und am 11.06.2016 werden wir sie besuchen. Sie weiß noch mehr von uns (Christel Siegel gehört zur großen Gutsfamilie Stepputat).

Edda Pinkert, geb. Heer, erinnert sich unter anderem daran: Mutti (Ursula Heer, geb. Hohler) und ich waren jeden Tag nach dem Mittag bei Oma Hohler in Kamanten. Auf dem Hof gab es schöne Spielplätze; ich fand das Schiepchenhaus toll, wurde da immer gesucht, ebenso im großen Hühnerstall, wo ich mit dem Puthahn in Konflikte geriet und mit knapper Not die Verandatür hinter mit zumachen konnte. Die Oma (Maria Hohler) hatte auch Lehmkugeln an Stückchen aufgespießt und dann weggeworfen, das blieb mir in Erinnerung, und ich fand es toll. Im Park, auf der anderen Seite der Straße, ist Oma mit mir spazieren gegangen, wenn es ihre Zeit erlaubte. Die Remontenschau, die vielen Pferde, das alles war sehr beeindruckend – mit den vielen Menschen, die sich trafen, war es sehr schön – aber der eigentliche Anlaß war sehr trauri. Meine Oma ist am 12.07.1945 in Lossin mit 73 Jahren gestorben. Meine Mutter, Ursula Heer, geb. Höhler,istam 20.11.1045 in Drammburg mit 30 Jahren gestorben; mein Vater, Walter Heer, starb am 09.09.1991 mit 83 Jahren in Wittenberg. ist die kleine Edda mutterlos aufgewachsen, aber mit Sicherheit in der Familie mit Liebe und Fürsorge groß geworden denn sie schreibt weiter: „Ein besonderer Dank geht an meine Oma Margarete Heer aus Altenkirch. Wenn sie nicht aller Bilder so toll mit Daten versehen hätte, würde auch ich nicht wissen, wann wo wer es war. Oma Margarete verstarb am 30.10. 1964 in Wittenberg, sie wurde 79 Jahre alt. Das Bild aus Altenkirch ist das Geburtshaus meines Vaters, Walter Heer, und auch meine Schwester Marianne und ich wurden dort geboren und von Oma Heer erstversorgt. Frau Kossack war die Hebamme, mit der ich auch bis zu ihrem Tod (1983/84) verbundenwar.“Nun geht es weiter mit der Frage von mir: Warum sind Sie beim Kirchspiel Altenkirch? Sie ist beantwortet. Edda Pinkert hat ihre Wurzeln sowohl in Rautenberg als auch in Altenkirch; dennoch meine ich: Die kleine Marjell aus Kamanten gehört in mein Kirchspiel.

Remontenschau

Die Kamanter Enkelin berichtet, dass es bei der Remontenschau hoch her ging und dass auch immer Wehmut und Traurigkeit mitschwangen, was man sich vorstellen kann; denn man erlebte, wie aus den spaßigen Fohlen vollblütige edle Pferde wurden, die dann den Zuchtbetrieb verlassen mussten, und sie waren mit Sicherheit den Hofbesitzern – den Stallburschen und anderen – ans Herz gewachsen.

Nun noch eine große Bitte. Seit Jahren suche ich das Buch „Perkallen, Versunkenes Paradies in Ostpreußen, Landgut und Pferdegestüt zwischen Rominten und Trakehnen“, von Joachim Reisch. Das Gut lag an der Chaussee von Trakehnen nach Gumbinnen. Ich hatte einmal ein Zusammentreffen mit einem Nachfahren, dessen Vater Schmied auf diesem Gut war.

Anmerkung:
1) Das Gut Kamanten war ein Ortsteil von Rautenberg
2) Das Gut existiert nicht mehr

Autor : © 2016 Betty Römer-Götzelmann
Quelle : Heimatrundbrief „Land an der Memel“ mit „Tilsiter Rundbrief“ Nr. 99/2016 Seite  67