Tilsit Stadt und Land

Frank Wisbar, bedeutender Filmregisseur des 20. Jahrhunderts aus Tilsit

Von Justin Alexander Sitte / Uwe Jörg Schmickt
Frank Wisbar – ein Name, der vielleicht nicht jedem sofort etwas sagt, aber ein echter Schatz für Filmfans und natürlich für alle, die sich mit Tilsit verbunden fühlen.

Geboren am 9. Dezember 1899 in Tilsit, machte sich Frank Wisbar als Film- und Fernsehregisseur in Deutschland und den USA einen Namen. Er starb am 17. März 1967 in Mainz.


Bild: Frank Wisbar 1959 Wikimedia

Der Weg zum Film
Frank Wisbar, eigentlich Franz Paul Wysbar, wuchs in Tilsit auf und schlug zunächst für zwölf Jahre die Offizierslaufbahn ein, die er 1927 als Leutnant beendete. Über die Arbeit an der Fachzeitschrift „Theater und Kunst“ gelangte er zum Film und begann mit ersten Gehversuchen in der aufstrebenden Branche. Schon bald wurde klar, dass Wisbar filmisches Talent besaß. Mit seinen frühen Projekten, wie „Im Bann des Eulenspiegels“ (1932) und „Fährmann Maria“ (1935), schuf er sich einen Namen in der Filmbranche. Aufgrund einiger Filme und weil er mit einer jüdischen Frau verheiratet war, kam es zu Konflikten mit den Kulturaufsichtsbehörden des nationalsozialistischen Regimes. Diese führten schließlich dazu, dass er 1938 mit Arbeitsverbot belegt wurde. Er schaffte es jedoch, im November desselben Jahres in die Vereinigten Staaten zu emigrieren.

Exil und Neubeginn in Hollywood, USA
Wie viele andere ins Exil gezwungene Künstler, musste Wisbar sich in Hollywood durchbeißen. Er arbeitete zunächst für einige Zeit in der Produktion von „B-Movies“. Aus dieser Zeit stammt sein Werk „Strangler of the Swamp“ (1946), welches als Remake seines 1936 veröffentlichten Films „Fährmann Maria“ gewertet wird. Großen Erfolg erlangte Wisbar schließlich, als er sich dem aufkommenden Medium Fernsehen zuwandte. Als einer der Ersten erkannte er dessen wachsende kulturelle und gesellschaftliche Relevanz. Frank Wisbar gründete in den USA eine eigene Produktionsfirma, Wisbar Productions Inc., die mehr als 300 Episoden der beliebten Fernsehserie „Fireside Theatre“ produzierte und in ihrer Blütezeit rund 125 Mitarbeiter umfasste.
 
Rückkehr nach Deutschland – Anspruchsvolle Antikriegsfilme
Nach seinen Erfolgen in den Vereinigten Staaten kehrte Frank Wisbar 1955 in die Bundesrepublik zurück. Getragen vom Wunsch nach ernsthafter Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und der Nachkriegsrealität, entschied sich Frank Wisbar dafür, anspruchsvolle Filme zu drehen und ein kraftvolles filmisches Plädoyer gegen den Krieg zu setzen. Erster Teil der Antikriegsfilm-Trilogie des Hollywood-erfahrenen Filmemachers ist das U-Boot-Drama „Haie und kleine Fische“ (1957), welches das Schicksal einer kleinen Kameradschaft im U-Boot-Krieg nachzeichnet – mit tragischem Ausgang: Nur einer von ihnen überlebt. Dieser Film zählt bis heute zu den erfolgreichsten deutschen Filmen seit 1955 (Platz 12, mit fast 10 Millionen Besuchern in den Kinos). Sein berühmtestes Werk „Hunde, wollt ihr ewig leben“ (1958) schildert die brutale Realität der Schlacht um Stalingrad aus der Perspektive deutscher Soldaten. Laut Kritikern erlebe man fast hautnah das Elend, die Kälte und die Sinnlosigkeit des Kampfes, während die Truppen von der Führung im Stich gelassen werden. Frank Wisbar beschreibt seinen eigenen filmischen Stil mit den Worten: „Es ist nutzlos, den nutzlosen Film zu machen. Wenn ich schon in Deutschland arbeite, will ich meinem Gewissen folgen. Und das befiehlt mir, Filme gegen den Krieg zu drehen.“ Zitat aus dem Gespräch mit Frank Wisbar, in: „Hunde, wollt ihr ewig leben“.


Filmplakat: „Nacht fiel über Gotenhafen“ aus dem Jahr 1959 von Helmuth Ellgaard (1913-1980), Quelle: Wikimedia Commons Creative Commons Attribution 3.0, © Familienarchiv Ellgaard

Antikriegsfilm „Nacht fiel über Gotenhafen“
Uraufführung: 25.02.1960, Laufzeit: 99 Min. s/w
Produktion: Deutsche Film Hansa GmbH & Co. (Hamburg)
Produzent: Alf Teichs
Regie: Frank Wisbar
Drehbuch: Frank Wisbar, Viktor Schuller
Drehzeit: Herbst 1959 – Januar 1960
Uraufführung: 25.02.1960
Darsteller: Sonja Ziemann, Gunnar Möller, Erik Schumann, Brigitte Horney, Günter Pfitzmann

Thematik Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen
Im letzten Film seiner Trilogie „Nacht fiel über Gotenhafen“ (1959) beschäftigt sich Wisbar auch mit der für ihn persönlich bedeutsamen Thematik der Flucht der ostpreußischen Bevölkerung vor der Roten Armee im Winter 1944/45. Besonders zu betonen ist der im Film gesetzte Fokus auf die Versenkung der „Wilhelm Gustloff“, in welcher mehr als 9.000 Menschen, hauptsächlich ostpreußische Flüchtlinge, den Tod fanden. Der Film wurde von Kritikern als ein „eindringliches Mahnmal gegen leichtfertiges Spiel mit dem Krieg” und „überzeugend wirklichkeitsnah” beschrieben. 1959 wurde Wisbar mit dem Deutschen Kritikerpreis ausgezeichnet.


Internationales Filmplakat zum Film: „Nacht fiel über Gotenhafen“ Quelle: Wikimedia Commons Creative Commons Attribution 3.0F
 
Filmische Auseinandersetzung mit dem Untergang der „Wilhelm Gustloff“
„Nacht fiel über Gotenhafen“ basiert auf einem damaligen Tatsachenbericht der Zeitschrift Stern. Mit hervorragenden schauspielerischen Leistungen, insbesondere von Sonja Ziemann, ist der Film ein eindrucksvolles Zeitdokument der deutschen Nachkriegsjahre. Das Melodrama ist der einzige Film dieser Zeit, der sich unmittelbar mit der Flucht der Bevölkerung aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten auseinandersetzt.
Im Mittelpunkt steht die junge Maria Reiser, deren Ehemann kurz nach der Hochzeit in den Krieg zieht. Während seiner Abwesenheit verliebt sie sich in Hans, einen Offizier auf der „Wilhelm Gustloff“, von dem sie ein Kind erwartet. Als sie später ihren Ehemann wiedertrifft, flieht sie gemeinsam mit ihm und dem gemeinsamen Kind aus Ostpreußen – an Bord jenes verhängnisvollen Schiffs. Dieser eindrucksvolle, bewegende Film von Regisseur Frank Wisbar – mit authentisch gezeichneten Einzelschicksalen und eindringlichen Bildern des Untergangs – berührt das Publikum bis heute. Bei einer Vorführung im Februar 2025 war einer der größten Kinosäle Göttingens bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Tatsache, dass Wisbar nach „Haie und kleine Fische“ und „Hunde, wollt ihr ewig leben“ erneut ein Kriegsdrama inszenierte, verdeutlicht, dass sein künstlerisches Anliegen nicht in der Schuldfrage lag, sondern im schonungslosen Aufzeigen der Zerstörungskraft und Sinnlosigkeit des Krieges.
 
Frank Wisbar, © 1959 Deutsche Film Hansa

Warum Wisbar nicht vergessen werden sollte
Frank Wisbar war ein Regisseur, der es schaffte, sich in völlig unterschiedlichen Filmwelten zu behaupten und dabei stets seiner künstlerischen Handschrift treu blieb. Sowohl in Deutschland als auch in Hollywood, im Kino wie im Fernsehen hat er Maßstäbe gesetzt. Diejenigen, die mit Wisbar arbeiteten, beschrieben seine Arbeitsweise als präzise und mit hohem Anspruch an Glaubwürdigkeit. Sein Werk ist nicht nur aus filmhistorischer Sicht spannend, sondern im Zusammenhang mit seinem Film „Nacht fiel über Gotenhafen“ auch verbunden mit der Thematik der Flucht der ostpreußischen Bevölkerung. Sein filmisches Werk und seine Person sollten nicht in Vergessenheit geraten.

 

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