Edgar Willmar Froese, Juni 1944 in Tilsit geboren, war weit mehr als nur ein Musiker. Er war ein Klangarchitekt, ein Visionär der elektronischen Musik und Gründer der Kult-Electronic-Band Tangerine Dream, deren Stil er maßgeblich beeinflusste.
Seine Reise von den Straßen des kriegsgezeichneten Ostpreußens zu den großen Bühnen der Welt erzählt nicht nur die Geschichte eines außergewöhnlichen Künstlers, sondern auch die eines Mannes, der seine Wurzeln nie vergaß.
Edgar Froese mit Tangerine Dream in Eberswalde, 2007 (Foto: Ralf Roletschek)
Kindheit und Flucht – von Tilsit nach Berlin
Edgar Froese wurde in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs in Tilsit geboren. Sein Vater und mehrere Verwandte fielen den Verbrechen des NS-Regimes zum Opfer, was tiefe Narben in der Familiengeschichte hinterließ. Froeses Mutter floh mit ihm Ende 1944 vor der heranrückenden Roten Armee nach Berlin, wo sie nach dem Krieg mit nichts als ihrem Überlebenswillen eine neue Existenz aufbauen musste. In dieser Umgebung, in der Verlust und Neubeginn so nah beieinander lagen, entwickelte Edgar Froese seine frühe Leidenschaft für die Künste.
Früher Weg zur multimedialen Kunst
Die harte Realität der Nachkriegsjahre zwang Froese schon früh dazu, Verantwortung zu übernehmen. Mit nur 15 Jahren begann er, sich seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Doch seine künstlerische Begabung wurde erkannt, und mit 18 Jahren erhielt er ein Hochbegabtenstipendium, das ihm ein Studium an der Berliner Akademie der Künste ermöglichte. Vier Jahre lang widmete er sich intensiv der Malerei, Skulptur und Grafik, was seine spätere Arbeit als Musiker stark beeinflusste. Seine Kunst war nie nur auf eine Disziplin beschränkt – Froese verstand es, visuelle und akustische Elemente zu einem einzigartigen Gesamtkunstwerk zu verbinden.
Die Geburt von Tangerine Dream
Im September 1967, inmitten des kreativen Aufbruchs der späten 60er Jahre, gründete Froese mit Gleichgesinnten Tangerine Dream. Die Band war von Anfang an anders, unkonventionell und radikal in ihrem Ansatz. Ihre frühen Auftritte waren mehr als nur Konzerte; sie waren multimediale Erlebnisse, die das Publikum in eine andere Welt entführten. Tangerine Dream wurde schnell zum Synonym für experimentelle und elektronische Musik, wobei Froese – ursprünglich Gitarrist – der unermüdliche Antrieb und kreative Kopf war, der die Band stets weiter nach vorne trieb.
Edgar Froese mit Tangerine Dream in Eberswalde, 2007 (Foto: Ralf Roletschek)
Internationale Anerkennung
Anfangs noch als musikalischer Vertreter des sogenannten Krautrock bekannt, avancierte die Band schnell zu einer der wichtigsten aus Deutschland. Die sphärischen Klänge, die Froese aus seinen Synthesizern zauberte, waren damals ohnegleichen und haben maßgeblich zum weltweiten Erfolg seines experimentellen Sounds beigetragen. Alben wie „Phaedra“ (1974) und „Rubycon“ (1975), die als Meilensteine des Genres der elektronischen Musik gelten, verbanden synthetische Klänge mit hypnotischen Rhythmen und schufen damit ein ganz neues Klangspektrum. Diese Werke wurden nicht nur von der Kritik gefeiert, sondern fanden auch international große Anerkennung.
Ein Leben zwischen Kunst und Musik
Unter Edgar Froeses Leitung veröffentlichte Tangerine Dream über achtzig Alben und Soundtracks, deren Einflüsse weit über die Musikszene hinausgingen. Dabei waren es nicht nur die Klänge, sondern auch die Ideen, die Froese in seine Arbeit einbrachte, die ihn zu einem der einflussreichsten Musiker seiner Zeit machten. Seine Zusammenarbeit mit Künstlern wie Klaus Schulze und David Bowie, der 1976 kurzzeitig bei Froese lebte und sein Solo-Album „Epsilon in Malaysian Pale“ als „der Soundtrack zu meinem Leben, als ich in Berlin wohnte“ bezeichnete, zeigt, wie sehr Froese in der internationalen Musikszene vernetzt war.
Edgar Froese pflegte enge Freundschaften mit bedeutenden Musikern wie Brian Eno, Iggy Pop und dem surrealistischen Künstler Salvador Dalí, der seine kreative Arbeit ebenso beeinflusste wie seine Musik. Diese Begegnungen und seine Vorstellung, Musik und visuelle Künste zusammenzubringen, formten seinen einzigartigen Musikstil, der elektronische Klänge und Sounds mit tiefgründigen, oft philosophischen Themen verband.
Das Vermächtnis eines Klangzauberers
Edgar Froese starb am 20. Januar 2015 im Alter von 70 Jahren an den Folgen einer Lungenembolie in Wien, doch sein Erbe lebt weiter. Tangerine Dream, die Band, die er gründete und deren einzig konstantes Mitglied er war, bleibt ein zentraler Bezugspunkt in der Geschichte der elektronischen Musik. Seine musikalischen Visionen und revolutionären Kompositionen haben nicht nur die elektronische Musiklandschaft geprägt, sondern auch die Grenzen dessen, was Musik sein kann, neu definiert.
Froeses Leben und Werk sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie jemand trotz schwieriger Anfänge Großes erreichen kann. Die Stadtgemeinschaft Tilsit e.V. erinnert an Edgar Froese als einen ihrer herausragendsten Söhne unserer Zeit – einen Mann, der die Grenzen des Klangs neu definierte und dessen Werk weiterhin Generationen von Musikern inspiriert.
Edgar Froese – Biographie auf Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Edgar_Froese
Tangerine Dream – Information auf Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Tangerine_Dream
Tangerine Dream – Offizielle Website
https://www.tangerinedreammusic.com
Autoren: Justin Alexander Sitte / UJS
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