Tilsit Stadt und Land

Nachruf auf Helmut Pohlmann

Helmut Pohlmann im Mai 2024 in Kropp

Helmut Pohlmann am 22.05.2024   Foto: Scheer

Unser Ehrenmitglied Helmut Pohlmann starb nach kurzer Krankheit am 22. November 2024.
     Sein um sechs Tage zuvor verstorbener langjähriger Weggefährte, unser Ehrenvorsitzender Albrecht Dyck, nannte Helmut in einer Würdigung anlässlich seines 90. Geburtstags einen „Ostpreußen, wie er im Buche steht“. Wer die Möglichkeit hat, auf die Nr. 80 unseres Heimatbriefes, die zu Pfingsten 2007 erschien, zurückgreifen zu können, der kann ab Seite 98 auf 12 Seiten die Erinnerungen lesen, die Helmut Pohlmann über sein ereignisreiches Leben zu Papier gebracht hat. Dort wird man bestätigt finden, dass Albrecht Dyck seine Charakterisierung zu Recht getroffen hatte. Im Folgenden soll versucht werden, diese Einschätzung nachzuvollziehen.
     Geboren am 7. Januar 1932 in Waldau/Ostpreußen an der Scheschuppe, wuchs Helmut als Ältester von fünf Söhnen seiner Eltern Werner und Martha Pohlmann, geborene Oppermann, auf.
     Am 12. Oktober 1944 war die Ostfront bedrohlich nahe gerückt, und der erste Teil der Flucht der Familie Pohlmann in den Westen begann, deren späterer Verlauf sich äußerst schwer und gefährlich gestaltete. Das Eis des Frischen Haffs trug die beiden Pferdegespanne, bis man fast die Nehrung erreicht hatte. Ein Pferd wurde durch Bordwaffenbeschuss sowjetischer Tiefflieger getötet, Bombenlöcher im Eis mussten umfahren werden, und die letzte kurze Strecke wurde zu Fuß zurückgelegt. Es folgte ein monatelanger Irr- und Leidensweg im Samland, bis die Familie von der feindlichen Front im April 1945 überrollt wurde. Unter großen Beschwernissen zogen sie 200 km zu Fuß zurück nach Waldau, wo sie ihr Gehöft einigermaßen unversehrt, wenn auch ausgeplündert, vorfanden. 1946 mussten sie es jedoch zwangsweise verlassen. Helmut wohnte und arbeitete anschließend auf den Kolchosen Juckstein und Karlsberg/Obereisseln, bis im Jahre 1948 alle Deutschen ausgewiesen wurden und mit der Bahn in die SBZ (Sowjetische Besatzungszone) verfrachtet wurden.
     Auf abenteuerlichen Wegen (nachzulesen in Helmuts oben genannten Erinnerungen) gelangte die Familie Ende 1948 nach Rendsburg, wohin bereits der Vater aus der Wehrmacht entlassen worden war. Dort erlernte Helmut zunächst das Kfz-Handwerk, erwarb das Fachabitur und studierte an der FH Kiel Maschinenbau. Nach der Diplomprüfung zog er nach Berlin-Grunewald und begann seine berufliche Tätigkeit bei der AEG. 1969 erfolgte der Wechsel zur Kraftwerke-Union (Siemens). Das hatte im Jahre 1970 einen Umzug nach Frankfurt/Main zur Folge, und zwar mit Frau und Tochter, denn inzwischen hatte Helmut seine Ingrid aus Königsberg geheiratet. 1973 bezog man das neu gebaute Haus in Dietzenbach/Hessen. Nach über 30jähriger Ingenieurstätigkeit trat Helmut 1992 in den vorgezogenen Ruhestand. 1995 zog das Ehepaar Pohlmann ein letztes Mal um, und zwar nach Kropp in Schleswig-Holstein in die Nähe seiner Tochter, die dort verheiratet war und es noch ist.
     Helmut strebte schon früh danach, Ehrenämter zu bekleiden. In Berlin-Lichterfelde ließ er sich in den Kirchenvorstand wählen. In Dietzenbach trat er einer bürgerlichen Partei bei, und auch in Kropp war er parteipolitisch eingebunden. 1952 wurde er Mitglied der Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit e.V., zunächst noch ohne Aufgabe. Durch seine frühe Mitgliedschaft konnte er schließlich auf 72 Jahre Zugehörigkeit in der Kreisgemeinschaft zurückblicken. Seine aktive Mitarbeit in der KG begann, als er 1992 dem Kreistag zugewählt wurde. 1994 wählte man ihn zum Schriftführer und 1995 zum Geschäftsführer, welches Amt er 12 Jahre ausübte.
     2007 verlieh der Vorstand der Kreisgemeinschaft Helmut bei seinem Ausscheiden aus der aktiven Mitarbeit die Ehrenmitgliedschaft. Im Mai 1998 war ihm eine große Ehrung mit folgendem Wortlaut zuteil geworden: „Die Landsmannschaft Ostpreußen verleiht Helmut Pohlmann in Würdigung des langjährigen Einsatzes für Heimat und Vaterland ihr Ehrenzeichen“ in Silber.
     Dieser Einsatz drückte sich u.a. in seinen über 30 Reisen in die Heimat, überwiegend mit humanitären Hilfstransporten, aus. Er organisierte z.B. Hilfsleistungen für den Wiederaufbau des schwer lädierten Kirchengebäudes im Waldauer Nachbarort Sandkirchen. Er kann für sich in Anspruch nehmen, mit Hilfe der Kreisgemeinschaft russische Jugendgruppen eingeladen und Gegenbesuche von deutschen Jugendlichen organisiert zu haben. Auch lud er – im Namen der Kreisgemeinschaft – russische Landräte, Polizeipräsidenten, Bürgermeister, Juristen und Ärzte ein. Der von gegenseitigem Verständnis über Jahre getragene Dialog führte durch seinen Einsatz zu vertiefter deutsch-russischer Zusammenarbeit sowohl auf kommunaler als auch auf privater Ebene.
     Mit Helmut Pohlmann ist ein tatkräftiger, einsatzfreudiger, engagierter, stets positiv ausgerichteter, dem Nächsten zugewandter und – nicht zuletzt – gläubiger Landsmann von uns gegangen.
     Dieser „Ostpreuße, wie er im Buche steht“, hat es wahrlich verdient, dass wir ihm ein ehrendes Andenken bewahren!

Im Namen des Kreistages,
     Dieter Neukamm

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert