Ein neues Museum für den Tilsiter Frieden

Ein Beitrag von Hans Dzieran
mit Fotos von J. Rosenblum

Mit dem Friedensschluss zu Tilsit im Jahre 1807 geriet das damals noch kleine Städtchen am Memelstrom in den Blickpunkt der europäischen Öffentlichkeit. Auch wenn die Stadt nun nicht mehr Tilsit heißt, widmen die heutigen Bewohner diesem historischen Ereignis alljährlich große Aufmerksamkeit. In diesem Jahr, aus Anlass des 215. Jahrestages des Tilsiter Friedens, inszenierte man an der Uferpromenade ein Freilichtspektakel in historischen Kostümen.

 

 

 

Zeremonie am Memelufer

Noch eindrucksvoller gestaltete sich eine Festveranstaltung im Hotel Rossija im Beisein von Gästen aus nah und fern. 
Der Abgeordnete der Königsberger Gebietsduma, Jevgenij Abarius eröffnete ein abwechslungsreiches Programm. In zahlreichen Beiträgen wurde demonstriert, wie in dieser Stadt einst europäische Geschichte geschrieben wurde. Zu einem Höhepunkt wurde die Ankündigung, dass noch in diesem Jahr in Tilsit ein privates Museum „Tilsitski Mir“ (Tilsiter Frieden) gegründet wird. Es wird Geschichte und Kunst sinnvoll miteinander verbinden.

Privatmuseum von Alexander Vasiliev zum Tilsiter Frieden              Kunstsammler Alexander Vasiliev bei der Vorstellung seines Privatmuseums

Ein großer Teil der Ausstellungsstücke stammt aus der privaten Kollektion des Kunstsammlers und Modehistorikers Alexander Vasiliev, der von den Anwesenden begeistert begrüßt wurde. Vasiliev, 1958 in Moskau geboren, erbte sein Interesse an Geschichte, Mode, Museen und Kunst von seinen Eltern. Sein Vater war ein bekannter Bühnenkünstler, seine Mutter war Schauspielerin. Schon in seiner Kindheit entdeckte er seine Sammelleidenschaft. Mit 24 Jahren ging er nach Paris, legte auf Pariser Flohmärkten und Antiquitätenauktionen den Grundstein seiner umfangreichen Sammlung, die heute mehr als 55.000 Objekte umfasst. Der größte Teil wird in Litauen aufbewahrt, in seiner „Alexandre Vassiliev Foundation“ in Vilnius.
Die Zeit des Tilsiter Friedens hat mit ihrer Modegeschichte viel zu erzählen und es gelte, diese Schönheit der Vergangenheit zu bewahren. Mode sei ein Spiegel der geschichtlichen Epoche mit ihren ästhetischen Vorstellungen und ihren Alltagsgewohnheiten.

Kunsthistorikerin Angelika Spiljova beim Vortrag im neuen Museum zum Tilsiter FriedenKunsthistorikerin Angelika Spiljova gab einen Einblick in die künftige Museumseinrichtung

Kunsthistorikerin Angelika Spiljova vermittelte den Anwesenden einen ersten Einblick in das Interieur des Museums und dessen Exponate. Zwei der insgesamt fünf Räumlichkeiten sind den Imperatoren Alexander I und Napoleon Bonaparte gewidmet. Ein weiterer Raum, im Stil eines Boudoirs, erinnert an Königin Luise. In dem benachbarten Saal erwarten den Besucher zwei Pavillons, in denen die Zeremonie des Friedensschlusses und die Unterzeichnung der Vertragsdokumente nachgestaltet wird. Komplettiert wird das künftige Museum mit einer Cafeteria und einem Souvenir-Shop.

Möbel und Innenausstattung der Räumlichkeiten wurden speziell auf französischen Auktionen erworben. Die Einrichtungsgegenstände präsentieren die zeitgenössische angewandte Kunst. Den Besucher erwarten Stofftapeten mit vertikalen Mustern, Geschirr, Kandelaber, Geräte des alltäglichen Gebrauchs sowie Accessoires des Empire, der zur Zeit Napoleons vorherrschenden Strömung der bildenden Kunst.Der Empire-Stil ist nach dem Kaiserreich Napoleons I. benannt und umfasst die Zeit von 1804 bis 1815. Es ist ein geradlinig-strenger, aber schmuckreicher, prunkvoller und majestätischer Imperialstil, der die Innenausstattungen, die Möbelkunst, das Kunsthandwerk, aber auch die Kleidermode prägte.
Ergänzt werden die Exponate mit Porträts von Zeitgenossen Napoleons, Zar Alexanders I und Königin Luise. Alle Exponate ermöglichen dem Besucher, tief in die Atmosphäre des beginnenden 19. Jahrhunderts einzutauchen.

Raum im neuen Museum zum Tilsiter Frieden 1807                  Geschichte und Kunst werden in den Räumlichkeiten sinnvoll vereint

Beifall erntete der Tilsiter Geschäftsmann Jurij Karafelov, als er dem künftigen Museum eine 1905 original gestempelte französische Postkarte überreichte mit der Reproduktion des Gemäldes von Gioacchino Serangeli „Abschied von Napoleon und Alexander I nach dem Frieden von Tilsit“, dessen Original in Versailles aufbewahrt wird.

Dank des Duma-Abgeordneten Jevgenij Abarius an den Geschäftsmann Jurij Karafelov   Der Duma-Abgeordnete Jevgenij Abarius dankt dem Tilsiter Geschäftsmann Jurij Karafelov

Nachzutragen ist noch, dass das Anliegen von Alexander Vasiliev in erstaunlich kurzer Zeit Wirklichkeit wurde. Das diesjährige Stadtfest bot eine gute Gelegenheit. Die feierliche Eröffnung des neuen Museums „Tilsiter Frieden“ am 3. September gestaltete sich zu einem Höhepunkt des dreitägigen Stadtfestes. Geladen waren offizielle Persönlichkeiten und Vertreter der Tourismusbranche.

Flyer zum neuen Museum „Tilsitski Mir“ in der früheren Landwehrstraße in Tilsit                Museum „Tilsitski Mir“ in der früheren Landwehrstraße.      Foto Flyer

Die Räumlichkeiten befinden sich im Gebäude der ehemaligen Reichsbank in der Lunacharski-Straße 2, der früheren Landwehrstraße. Der reguläre Besucherbetrieb beginnt ab 17. September 2022. Schon jetzt ist man sich sicher, dass diese historische Kunstsammlung zu einem Besuchermagnet wird und die Stadt mit seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit noch attraktiver machen wird.

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